International Harvey Keitel Library

Dieses Interview wurde ursprünglich auf der City-Guide - Seite veröffentlicht unter http://www.city-guide.de/event/kino/filmarchiv/special/keitel2000.html, inzwischen aber leider gelöscht. Wenn einer der Copyright Besitzer etwas dagegen hat, daß ich den Text hier für Harvey Keitel´s Fans weiter zur Verfügung stelle, schreiben Sie mir bitte eine Email und ich lösche die Seite. Chris


Harvey Keitel: Mit Mord und Totschlag kann ich nichts mehr anfangen


Von EDDA BAUER und UWE MIES, 2000

 Harvey Keitel ist eine der wenigen amerikanischen Schauspielerpersönlichkeiten, die sich in Independent-Filmen und Hollywood-Studioproduktionen gleichermaßen profilieren konnten.

Keitel kam am 13. Mai 1941 im New Yorker Stadtteil Brooklyn zur Welt kam und wuchs dort auch auf. Schauspiel lernte er unter Lee Strasberg und Stella Adler. Als method actor feierte er erste Erfolge unter der Regie von MartinScorsese in "Hexenkessel", "Alice lebt hier nicht mehr" und "Taxi Driver".

Während der 80er Jahre war Keitel immer wieder auch in Europa tätig, u.a. in "Deathwatch", "Die Nacht von Varennes" oder "Camorra". Prägnante Nebenrollen in Hollywood-Filmen ("Bugsy", wofür er eine Oscar-Nominierung erhielt, "Die Wiege der Sonne") sicherten die Existenz. Den Ruhm aber brachten seine kraftvollen Auftritte in Autorenfilmen wie "Bad Lieutenant", "Das Piano", "Reservoir Dogs" und "Smoke".

An dem poetischen, episodischen Schicksalsdrama "Three Seasons" ist Harvey Keitel als Schauspieler und Produzent gleich in zwei Funktionen beteiligt gewesen.

 Frage: Sie spielen in "Three Seasons" einen ehemaligen US-Marine. Steckt Autobiografisches in der Rolle?

Keitel: Nun ja, zumindest so viel, dass ich auch bei den Marines war. Aber meine Dienstzeit lag vor Vietnam. Für die Rolle war das ein Element, aber kein so Wesentliches. Wichtiger war, wie das Drehbuch in mir die Anfänge des Vietnam-Konflikts vor meinem inneren Auge wieder wach rief. Ich erkannte darin einen sehr menschlichen Ansatz, den Kampf und die Gefühle der vietnamesischen Bevölkerung nachzuvollziehen.

Frage: Haben Sie sich auch selbst darin wiedererkannt?

Keitel: Unbedingt, wenngleich von anderer Seite her. Ich bin Anfang der 60er Jahre blind dem gefolgt, was meine Regierung erzählte: Da gibt eine andere Kultur und die ist absolut böse. Für mich als ehemaligen Soldaten gab es nur das eine Credo: Mein Land ist auf der richtigen Seite und die anderen sind es nicht. Genaugenommen waren mir die Anderen total egal. Das Drehbuch zu "Three Seasons" hat mir das wieder ins Bewusstsein gerückt.

Frage: Später sind Sie dann aber gegen den Krieg gewesen?

Keitel: Ja, ich hatte in New York mit Künstlern zu tun, die kritischer dachten als ich zu jener Zeit. Und da wurde mir klar, dass der Slogan, nur das eigene Land ist auf der richtigen Seite, falsch war. Also habe ich gegen den Krieg protestiert. Denn das ist es doch, was Demokratie ausmacht.

Frage: Der Film selbst aber ist eher unpolitisch.

Keitel: Und das ist gut so. Denn so rückt der Mensch mehr in den Mittelpunkt. Ich jedenfalls hatte als Mensch und Vater sofort Zugriff zu den Figuren. Man möchte seinem Leben einen Sinn geben. Man möchte, dass die Tochter einen Freund findet, der sie auch gut behandelt. Ich denke, das sind Dinge, die jeden beschäftigen. Mit einer Ideologie, in der Mord und Totschlag gepredigt wird, kann ich nichts mehr anfangen.

Frage: Was wünschen Sie sich mit dem Film?

Keitel: Dass die Leute Frieden mit der Vergangenheit schließen. Mehr aber noch wünsche ich mir, dass die Leute sich ihrer selbst in der Gegenwart bewusst werden. Denn das ist die kommende Vergangenheit. Wir haben also die Verpflichtung, dass nicht die gleichen Fehler immer wieder gemacht werden. Ich weiß, das klingt naiv. Aber ich bin überzeugt, je mehr wir uns bewusst werden, was Krieg wirklich bedeutet, desto weniger werden wir das Verlangen haben, noch einmal nach einer Waffe zu greifen und damit zu töten.



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